Feature von Ursula Scheidle: Produktion im Wiener Funkhaus mit Blick aus dem Funkhaus

„Meine Arbeit ist die Sprache“
Erinnerungen an die Schriftstellerin Anita Pichler.
Feature von Ursula Scheidle.

„Ihr schmales Werk“ wird zum „Besten der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“ gezählt, ihre Sprache als „Prosa von irritierendem Reiz“ beschrieben. Anita Pichler, geboren 1948 in Meran, war die erste Südtiroler Schriftstellerin der Nachkriegszeit, die über die Grenzen des Landes hinaus bekannt wurde. Ihr Werk sorgte auch für Diskussionen. Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki bezeichnete ihren beim Bachmann-Wettbewerb vorgestellten Text als „Kunstgewerbe mit Talmi“, er erschien später unter dem Titel „Die Zaunreiterin“ beim Suhrkamp Verlag. In Anita Pichlers Texten ist eine intensive Auseinandersetzung mit Sprache zu bemerken. In ihrem Prosaband „Beider Augen Blick – Neun Variationen über das Sehen“ hat sich die Schriftstellerin mit dem, was „erzählbar ist“ auseinandergesetzt, in weiteren Werken mit historischen und mythologischen Stoffen aus ihrer Heimat Südtirol, die sie neu deutete, in moderne Literatur transferierte und ins Heute holte.

Ursula Scheidle hat die Schriftstellerin vor 25 Jahren in Brixen zu ihren damals im Haymon Verlag erschienenen Erzählungen „Die Frauen aus Fanis“ gemeinsam mit der Germanistin und Mythenforscherin Ulrike Kindl interviewt. Ein Jahr später starb Anita Pichler 1997 in Bozen an Krebs. Die Feature-Autorin konnte diese Begegnung sowie die zeitlosen Erzählungen über die rätselhaften Fürstinnen, geschaffen aus den Bruchstücken ladinischer Erzähltradition, nie vergessen. Während des ersten Corona-Lockdown hat sie gemeinsam mit dem Musiker Florian Kmet versucht, den Reiz der Texte in einem Hörstück zu ergründen. Sie hat dazu die Mythenforscherin Ulrike Kindl noch einmal in Brixen getroffen sowie die beiden Nachlassverwalterinnen, die Schriftstellerin Sabine Gruber und die Publizistin Renate Mumelter, um mehr über Anita Pichler und die Anziehungskraft, die ihr Werk auf sie ausübt, herauszufinden.

Ö1 Kunstsonntag: Tonspuren